„Oberliga ist das richtige Pflaster für uns!“
Wir blicken auf zwei spielfreie Wochen, in denen der Wackerfan notgedrungen ohne seine Lieblinge auf dem Platz auskommen muss. Durchschnittlich 400 Zuschauer verfolgten die ersten beiden Heimspiele gegen Fahner Höhe und Neugersdorf. Oberliga-Fußball wird schmerzlich vermisst. Der ruhende Ball bietet die Gelegenheit, unseren Cheftrainer Philipp Seeland im Wacker-Talk zu befragen.
Servus Coach, zwei Wochen lang spielfrei sind eindeutig zwei Wochen zu viel, oder?
Absolut! Spielfrei ist einfach nicht so schön, da man am Wochenende einfach den Wettkampf haben will! Es kommt uns aber auch nicht ganz ungelegen, da wir immer noch etwas Personalsorgen haben.
Zum Thema Personalsorgen gleich die Frage, wie der Status Quo bei unseren angeschlagenen Spielern ist. Gümpel, Pietsch, Penzler…. Um nur einige zu nennen. Wie sieht es da aus?
Von den Spielern, die uns wirklich länger ausgefallen sind, haben wir noch keinen zurück im Training. D.h. betrifft Gümpel und Penzler. Wir wollen da auch einfach kein Risiko eingehen. Bei Hagen hat sich die befürchtete, schwerere Verletzung nicht bewahrheitet, der wird kommende Woche wieder mit einsteigen. Auf das Ergebnis von Neuzugang Elias warten wir noch. Aber ich hoffe, dass wir ab nächster Woche die Jungs wieder an Bord haben werden. Eine positive Nachricht kann ich bereits jetzt vermelden. Kai Polotzek ist nach überstandener, längerer Verletzung wieder ins Training eingestiegen, er wird wieder zum Kader dazustoßen.
Wie hast du dich mit dem neuen Job und der Tätigkeit als Cheftrainer arrangiert?
Ich habe mich gut arrangiert! Als ich wieder als Trainer zurückgekehrt bin, wartete sehr viel Arbeit auf das neue Präsidium und mich. Wir haben – denke ich – den Problemen getrotzt und sind jetzt dabei, kontinuierlich am Erfolg zu arbeiten. Klar ist, dass wir die Ergebnisse der Männermannschaft erfolgreicher gestalten müssen, um unsere Punkte zu holen! Ansonsten steht der Rahmen. Aber wir wissen, dass es noch ein weiter Weg ist!
Mit wieviel Lust und Laune setzt du dich nach einem harten Arbeitstag und dem knapp zweistündigen Mannschaftstraining spät abends noch ins Auto, um nach Leipzig zurückzufahren?
(Seeland lacht). Ja…. Ich versuche nach Möglichkeit, hier zu übernachten. Denn nach der Arbeit und dem Mannschaftstraining kommt es eher selten vor, dass ich noch nach Leipzig zurückfahre. Ich versuche, meinen Lebensmittelpunkt unter der Woche nach Nordhausen zu verlegen, um die Abläufe für mich einfacher zu gestalten und um einfach auch die Kraft zu haben, die Jungs nach einem Arbeitstag noch ordentlich zu trainieren.
Es gibt da eine nette Anekdote zu erzählen, die für etwas Wirbel in deinem privaten Umfeld gesorgt haben dürfte. Bei deiner Vorstellung als neuer, alter Cheftrainer hat eine Tageszeitung über den verheirateten Familienvater Philipp Seeland geschrieben. Wie viele WhatsApp und Anrufe hat es gebraucht, um diese Meldung als Ente zu entlarven?
Das stimmt! Das ist eine lustige Anekdote, die aus dieser kleinen Fehlmeldung entstanden ist. Das ist mir persönlich im ersten Moment auch gar nicht aufgefallen. Ich habe das dann erst mitbekommen, als mich meine Familie, als mich meine Partnerin gefragt hat, welche Frau ich denn geheiratet habe und seit wann ich denn eigentlich Vater bin (Seeland lacht). Das hat sich dann zum Glück relativ schnell wieder aufgelöst. Aber es gab einige WhatsApp und Anrufe, z.B. wann denn die „Pullerparty“ stattfinden würde usw. – ich glaube, zwei Wochen später wurde es dann in einem anderen Artikel korrigiert und damit ist das Thema jetzt erledigt! Es war eine lustige Geschichte, die sicherlich aber auch schiefgehen kann! Aber es ist alles gutgegangen, von daher kann man drüber schmunzeln!
Die neue Saison ist vier Spieltage alt. Hattest du erwartet, dass ihr mit vier Niederlagen solch einen Stotterstart hinlegen würdet?
Das haben wir natürlich so nicht erwartet. Wir hätten nach den vier Spielen schon ganz gerne etwas auf unserem Konto gehabt. Wir haben vor dem Saisonstart auch sicherlich nicht damit gerechnet, dass wir personell so in Schwierigkeiten geraten. Nichts desto trotz war es allerdings möglich, Punkte zu holen. Das haben wir verpasst. Wir haben in den beiden Auswärtsspielen sowie zu Hause gegen Neugersdorf drei vernünftige Leistungen gezeigt. Lediglich das Heimspiel gegen Fahner Höhe war nicht so toll. Das ist ärgerlich, aber nicht mehr zu ändern. Dementsprechend müssen wir sehen, dass es nach der Pause mit Punkten weitergeht!
Apropos Fahner Höhe. „Wacker Nordhausen enttäuscht erneut auf ganzer Linie“ titelte eine Tageszeitung nach dem Heimspiel. Was hast du gedacht, als du das gelesen hast?
Zu dem Spiel hat es sicherlich gepasst bzw. war nicht ganz unberechtigt. Es war einfach ein rabenschwarzer Tag für uns. Das war nicht das, was wir können. Wir bekamen einfach unsere Leistung nicht auf das Feld. Nach den frühen Gegentoren waren wir auch verunsichert. Aber ich denke, dass wir in den zwei Spielen danach eine gute Reaktion gezeigt haben. Auch wenn wir da noch keine Punkte holen konnten, waren die Auftritte zumindest so, dass wir damit leben können!
Fällt der Blick auf eine junge Mannschaft, der man im Reifeprozess auch Fehler zugestehen muss, zu kritisch aus? Ist das Umfeld zu ungeduldig?
Klar, wir haben eine absolut junge Mannschaft, bei der natürlich ein Reifeprozess erforderlich ist. Es wird auch sicherlich noch ein bisschen dauern. Trotzdem denke ich, dass das Umfeld nicht ungeduldig ist. Sicherlich wollen Fans und „Externe“, dass wir da mehr Erfolge einfahren, wir selbst wollen das natürlich auch! Wir wissen es aber einzuschätzen, intern gibt es in diesem Zusammenhang überhaupt kein Problem! Aktuell belohnen wir uns noch nicht für ordentliche Auftritte. Aber das wird kommen und wir werden die Punkte auf unser Konto kriegen!
In der Stadt bekommt man oft zu hören, dass man die jungen Spieler in der Oberliga „verheizen“ würde und es womöglich besser gewesen wäre, den Neustart eine Liga tiefer auf Verbandsebene zu beginnen. Gab es solche Gedankenspiele bei den Verantwortlichen, in der Thüringenliga aufzulaufen?
Dazu habe ich ein ganz klares Statement, da das Niveau bzw. der Sprung zwischen Thüringenliga und Oberliga ziemlich groß ist. Wir sind in die Oberliga gestartet, weil wir der Meinung sind, dass wir das Niveau haben, um dort mitzuspielen! Zudem ist es für die Entwicklung unserer Spieler einfach auch besser, sich jede Woche auf hohem Niveau zu duellieren. Wir haben es in der Vorbereitung gesehen. Da waren wir gegen die Thüringenligisten, die bei uns zu Gast waren, klar stärker. Eine Saison dort würde uns gar nichts bringen. Die Oberliga ist genau das richtige Pflaster für uns! Dort wollen wir uns messen! Dort wollen wir unseren neuen Kader aufbauen! Die Jungs sollen am Wochenende grundsätzlich immer wieder Drucksituationen haben und sich nicht aus der Pflicht nehmen können!
Just in die spielfreie Zeit hinein platzte die Meldung von der Neuverpflichtung von Elias Gorges. Was dürfen wir von diesem jungen Mann erwarten? Und zweitens, wird man Elias schon gegen Halle 96 mit im Aufgebot erwarten dürfen?
An Elias Gorges hatten wir schon länger Interesse. Nun haben wir es geschafft, ihn für uns begeistern zu können und ihn letztendlich zu verpflichten! Er wollte auch gerne nach Nordhausen und ist kein Unbekannter! Auch in der Mannschaft! Elias ist ein technisch sehr versierter Spieler, der sich im Zentrum sehr wohlfühlt. Er bringt auch eine gewisse Körpergröße mit, was uns im Kader vielleicht noch ein bisschen fehlt. Er hat im Juniorenbereich Erfahrungen auf Regionalliganiveau gesammelt und kennt die Drucksituationen an Wochenenden. D.h., da haben wir einen Spieler, der nicht aus Verbandaliga-, sondern aus Regionalliganiveau heraus jetzt bei uns den Sprung in den Männerbereich wagen möchte. Er kommt leider aus einer Innenbandverletzung, was uns aber nicht davon abgehalten hat, ihn für Nordhausen zu begeistern. Weil wir einfach wissen, was wir langfristig an ihm haben werden und jemanden dazugewonnen haben, der uns wirklich weiterhelfen kann. Ob das für ihn schon gegen Halle 96 reicht, werden wir im Laufe der nächsten Tage sehen! Da warten wir auch erst einmal die ärztlichen Ergebnisse ab.
Können Wackerfans mit weiteren Verstärkungen – vielleicht auch zur Rückrunde – rechnen? Es ist ja kein Geheimnis, dass das Nordhäuser Umfeld weitere Verstärkungen fordert.
Was die Kaderbreite angehend, sind wir natürlich auch immer am Schauen. Klar ist, dass die Rahmenbedingungen nicht die einfachsten sind, um neue Spieler zu verpflichten. Bis zur Rückrunde ist natürlich noch sehr viel Zeit, die da ins Land geht. Wir werden keine Schnellschüsse tun, nur um kurzfristig Erfolg zu haben, der uns aber langfristig (wieder) nicht weiterbringt! Vorwiegend – und das ist mir ganz wichtig zu erwähnen – wollen wir den Jungs auch das Vertrauen schenken, die sich zeitig dafür entschieden haben, beim Verein zu bleiben und den Verein zu unterstützen, um hier auf dem Niveau Fußball zu spielen!
Daran angeknüpft. Als reine Amateurmannschaft ist man davon abhängig, was Spielern angeboten werden kann, damit sie für Wacker ihre Stiefel schnüren. Potentielle Neuzugänge oder auch Eigengewächse werden sich genau anschauen, welche Perspektiven es in punkto Schul-, Berufsausbildung oder bei der Suche nach einem Arbeitsplatz in Nordhausen gibt. Wie siehst du da die Zusammenarbeit mit lokalen Behörden, Bildungsträgern, Firmen und Sponsoren?
Absolut! Da wir auf Amateurebene agieren, versuchen wir die Jungs zu unterstützen und dabei unsere Netzwerke und Partner zur Verfügung zu stellen, um da einen einfachen bzw. unbeschwerten Einstieg in das Berufsleben zu finden. Unabhängig davon, ob es Schule, Studium oder wirklich eine Berufsausbildung ist. Oder direkt sogar schon der Arbeitsplatz, weil die Berufsausbildung abgeschlossen ist. Wir haben gute Kontakte und konnten im Sommer sicherlich schon viel bewegen, um die jungen Spieler für uns zu gewinnen! Dazu kommt, dass wir Spieler natürlich auch langfristig binden können, wenn hier jemand eine Ausbildung anfängt oder falls jemand seinen Lebensmittelpunkt aufgrund eines Arbeitsplatzes nach Nordhausen verlegt. Damit wären wir in der Lage, um perspektivisch über Jahre eine schlagkräftige Truppe aufzubauen!
Das nächste Pflichtspiel gegen Halle 96 steht bevor. Nach einer Woche mit weitestgehender Regeneration wird das Pensum nun wieder forciert. Gibt es Schwerpunkte bei der Trainingsarbeit?
Wir freuen uns auf das Spiel gegen Halle 96. Erstens sind Freitagabendspiele immer etwas Besonderes und zweitens haben wir das letzte Pflichtspiel gegen Halle 96 auswärts mit 4:1 gewonnen. Damals im Dezember noch als U23, aber auch mit einer ziemlich jungen Mannschaft! Wo wir uns sehr gut präsentiert haben. D.h., die Jungs haben da auch einfach gute Erfahrungen gemacht, die im Hinterkopf stecken. Trotzdem wissen wir, dass Halle 96 über eine starke Mannschaft verfügt. Sie haben beispielsweise ihren Stürmer Tommy Kind von Chemie Leipzig zurückgeholt. Es wird eine schwierige Aufgabe für uns, aber wir wollen zu Hause was holen! Was die Trainingsarbeit betrifft, haben wir letzte Woche etwas regeneriert, haben das Tempo ein bisschen rausgenommen. Seit dieser Woche sind wir mit vier Einheiten wieder voll im Training und fokussieren uns auf die kommenden Spiele. Natürlich werde ich unsere Schwerpunkte nicht der Öffentlichkeit preisgeben. Dazu nur so viel, wir wollen das Spiel mit Ball forcieren, um Selbstbewusstsein und eigene Kreativität auf die Beine kriegen! Sicherlich kein Geheimnis ist, dass wir aufgrund relativ vieler Gegentore an der Stabilität im Defensivverbund arbeiten müssen!
Wie schwierig ist es deiner Meinung nach, als Verein neues Vertrauen aufzubauen und Sponsorten und Supporter wieder für Wacker Nordhausen zu begeistern?
Es ist für alle Beteiligten keine einfache Situation! Bei dem, was in den letzten 12 Monaten passiert ist, ist es doch vollkommen nachvollziehbar, dass Sponsoren, andere Vereine und Spieler auf uns gucken und schauen, was da jetzt passiert. Wir haben uns für diesen Weg entschieden, auch um endlich wieder Ruhe einkehren zu lassen. Wir versuchen, Sponsoren und Supporter in vielen Gesprächen und mit viel Transparenz wieder von uns zu begeistern! Ich denke, der Weg mit einer jungen Mannschaft, der auf langfristigen Erfolg angelegt ist, ist auch der richtige Weg! Natürlich sind wir sehr glücklich über jeden zusätzlichen Spieler, über jeden Jugendspieler, über jeden engagierten Trainer, der uns im Moment unter die Arme greift und weiterhilft! Wir sind für jede Unterstützung dankbar!
Es wird mit Wacker Nordhausen wieder bergauf gehen, weil….
…. ich davon überzeugt bin, dass wir trotz des sehr schweren Weges den Verein FSV Wacker 90 Nordhausen perspektivisch wieder auf eine gute Bahn lenken und hier in Nordhausen wieder erfolgreichen Fußball sehen werden!
Dank Dir Coach für dieses sehr informative Gespräch und die klaren Statements, die du formuliert hast!
Das nächste Punktspiel der Seeland-Elf findet am Freitag, 25.09. um 19:30 Uhr statt. Zu Gast im Albert-Kuntz-Sportpark ist der VfL Halle 96! Auf geht’s Wacker! Jetzt erst recht!