“Wir sind alle auf einer Wellenlänge”
Ne echte kölsche Jung für Wacker: Seit Saisonbeginn ist der gebürtige Kölner Jerome Propheter ein Blau-Weißer, spielt für den FSV Wacker 90 Nordhausen in der Regionalliga. Zudem wurde der Innenverteidiger von Trainer Volkan Uluç zum Kapitän ernannt. Im Interview mit Sandra Arm spricht der 27-Jährige über seine erste Station im “Fußballosten”, seine Führungsrolle und ein Wiedersehen.
Jerome, in Aachen bedauert man deinen Abgang immer noch schmerzlich. Wie stehst du heute zur Alemannia?
Jerome Propheter: Ich habe in Aachen zwei schöne Jahre verlebt. Ich habe dem Verein und dem Trainer sehr viel zu verdanken. Ich weiß, die Arbeit sehr zu schätzen. Aachen wird mir immer in positiver Erinnerung bleiben.
Als echter Kölner Jung, der seine bisherige Karriere dort und in Essen bzw. Bielefeld verbracht hat, muss der Wechsel nach Nordhausen ein sehr großer Schritt gewesen sein. Warum bist du ihn gegangen?
Jerome Propheter: Ich hatte einige Angebote aus der 3. Liga und Aachen zeigte sich ebenfalls interessiert, dass ich bleibe. Es bedurfte einiges an Überzeugungsarbeit. In den Gesprächen hat mir Volkan Uluç das Gefühl gegeben, dass ich in seinen Vorstellungen eine große Rolle spiele. Ich bin jemand, der lieber vorn weggeht. Zudem verfüge ich mit meinen 27 Jahren über ein bisschen Erfahrung. Als Nummer drei oder vier wollte ich nicht nach Nordhausen kommen. Das bringt nichts. Wacker ist ein kleiner Verein mit viel Potenzial. Für mich bringt der Schritt vielerlei Neues: neues Umfeld, neue Liga und andere Herausforderungen. Das hat mich gereizt.
Was haben deine Familie und die Freunde dazu gesagt, dass du nach Thüringen willst?
Jerome Propheter: Die Meinungen gingen etwas auseinander. Meine Mutter unterstützt mich in allen meinen Entscheidungen. Bei meinen Freunden war es ähnlich. Im Endeffekt war es meine Entscheidung nach Nordhausen zu gehen. Wenn es der Trainingsplan zulässt, dann setze ich mich ins Auto und fahre zu meiner Familie nach Köln. Es hängt aber immer davon ab, wie die freien Tage gelegt sind. Im Moment fahre ich nicht so oft nach Köln, weil ich mit Joy-Lance Mickels (Anmerk. der Red. er kam wie Propheter aus Aachen) in eine WG ziehe. Wir hoffen, dass Ende August alles geschafft ist.
Wie wird in Aachen oder Essen über die Regionalliga Nordost gesprochen?
Jerome Propheter: Es wird gut über diese Liga gesprochen, was die jüngsten Aufstiege gezeigt haben. Zuletzt hat sich Jena in der Relegation gegen Viktoria Köln durchgesetzt. Im Vergleich zur Regionalliga West und Nord gibt es kaum Unterschiede. Im Fußball kommt es auf ein paar wenige Sachn an. Wenn du diese umsetzt, bist du erfolgreich. Fußball ist immer gleich.
Wie hast du dich inzwischen in Nordhausen eingelebt, wer oder was hilft dir dabei?
Jerome Propheter: Ganz gut. Mir fiel der Übergang vom Großstadtleben in die Kleinstadt gar nicht so schwer. Was viele nicht wissen, meine Mutter ist auf dem Land groß geworden, ich bin ein Stück weit das ländliche Leben gewöhnt. In den ersten Wochen haben mir Präsident Nico Kleofas und Mannschaftsleiter Michael Ernst sehr geholfen. Ansonsten habe ich mir aber selbst geholfen. Ein Kölner kann sich relativ schnell anpassen. (lacht)
Wenn man euch als Team sieht, bekommt man den Eindruck, ihr versteht euch auch außerhalb des Platzes sehr gut. Wie wichtig sind für dich Kontakte zu Mitspielern in der Freizeit?
Jerome Propheter: Schon sehr wichtig. Es gab in der Vergangenheit auch Vereine, wo dieser Aspekt eher vernachlässigt wurde. Zuletzt in Aachen empfand ich das Umfeld wie eine große Familie, ich habe mich jeden Tag gefreut, die Jungs zu sehen. Das positive Miteinander hängt schon ein Stück weit davon ab, wie erfolgreich man ist. In Nordhausen passt es menschlich ebenfalls sehr gut. Wir sind alle auf einer Wellenlänge. Ich könnte keinen Spieler herauspicken, mit dem ich mich mehr verstehe.
Volkan Uluç hat dich gleich zum Kapitän ernannt. Hat dich diese Entscheidung überrascht?
Jerome Propheter: Nein, das hat sie nicht. Mit meiner Leistung und meiner Art zu spielen, habe ich ihn davon überzeugt, dass die Entscheidung richtig ist, mich als Kapitän zu ernennen. Vor dem letzten Testspiel hat er mich gefragt, ob ich mir die Aufgabe zutraue. Lange überlegen musste ich nicht, obwohl ich das Amt im Herrenbereich erstmals ausfülle. Ich kann mich erinnern, dass ich im Jugendbereich schon einmal Kapitän war.
Du bist mit 27 Jahren im besten Fußballeralter. Welche Ziele hast du dir persönlich noch gesteckt für deine Karriere?
Jerome Propheter: In den vergangenen Jahren bremsten mich Verletzungen immer wieder aus. Das Wichtigste ist, dass ich verletzungsfrei bleibe. Ich will weiterhin erfolgreich Fußball spielen und möglichst viele Spiele gewinnen. Es gibt für mich nichts Schlimmeres, als zu verlieren. Ich finde es generell schwierig sich langfristig Ziele zu stecken. Ich schaue von Woche zu Woche, von Spiel zu Spiel, denn planen kann man im Fußball generell wenig.
Wacker kommt in der Liga allmählich in Tritt. Auffällig ist, dass die Abwehr sehr gut steht. Wie zufrieden bist du selbst mit dem Saisonstart?
Jerome Propheter: Aus vier Spielen haben wir fünf Punkte geholt. Für mich haben wir fünf Zähler zu wenig geholt. Ich spüre, dass die Mannschaft jetzt so langsam in Schwung kommt, dass die Spielidee und die Automatismen von Woche zu Woche immer besser greifen. Natürlich wäre es schöner, wenn wir in den vier Partien keine Gegentreffer kassiert hätten. Es geht immer noch besser. Wir haben eine gute Qualität in der Mannschaft. Das Miteinander auf dem Feld benötigt Zeit und Ruhe, um die Kommunikation, die Laufwege, das Offensiv- und Abwehrspiel weiter zu verbessern.
Der Kontrahent Lok Leipzig hat einen Traumstart erwischt und kommt mit breiter Brust nach Nordhausen. Wie begegnet man einem solchen Gegner?
Jerome Propheter: Wichtig ist, dass wir Ruhe und Sicherheit ausstrahlen. Ich erwarte ein intensives, ein spannendes Spiel auf hohem Niveau, das wir am Ende zu unseren Gunsten entscheiden. Außerdem freue ich mich auf Lok-Trainer Heiko Scholz. Er war vor sechs Jahren mein Trainer beim FC Viktoria Köln, als ich in den Herrenbereich gekommen bin. Er hat aus mir einen Regionalligaspieler geformt. Zuletzt haben wir vor fünf Jahren miteinander gespielt. Jetzt wird es das erste Mal sein, dass wir gegeneinander spielen.